Klodeckel des Tages

27. April 2014

Unabhängiger Journalismus: Frau Kömpel ist „erschrocken“

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Eine Email an den falschen Empfänger ist immer unangenehm. Je nach Inhalt kann ein solcher Irrläufer zum echten Ärgernis werden. Besonders heikel wird die Sache, wenn man eigentlich mit einem Dritten über jemanden herziehen wollte und ausgerechnet dem Gescholtenen die Nachricht zuschickt, weil man in der Eile versehentlich statt der Weiterleitung die Antwort-Option erwischt hat. Das musste in der abgelaufenen Woche auch die Bundestagsabgeordnete Birgit Kömpel erfahren, die die Kolumne der Fuldaer Zeitung zur Werbung in eigener Sache missbrauchen wollte. Die SPD-Politikerin hatte der Redaktion eine Lobhudelei auf ihre Partei zukommen lassen, blitzte mit dem Ansinnen einer Veröffentlichung allerdings ab, weil die regelmäßige Kolumne ausschließlich dem Zweck dient, heimische Abgeordnete zu aktuellen Themen „jenseits von Parteipolitik“ zu Wort kommen zu lassen. Damit soll der Dialog mit den Bürgern gestärkt, aber eben gerade keine Plattform für Parteiwerbung geschaffen werden. Ganz offensichtlich missfiel der SPD-Frau jedoch das Veto der Lokaljournalisten, was sie dazu veranlasste, mit ihrem Mitarbeiter darüber zu sinnieren, wie man der Redaktion wohl beikäme.

Und da die Email nun einmal nicht an den gedachten Adressaten ging, sondern direkt an die Redaktion, erfuhr diese aus erster Hand, wie sich eine Bundestagsabgeordnete befriedigende Pressearbeit vorstellt: „Das ist schon frech, was die sich so leisten. Wir müssen mal wirklich eine Strategie ausarbeiten, wie wir denen einen Strich durch die Rechnung machen können“, war da zu lesen. Eine entsprechende Kampagne mit einem Internetorgan könne es vielleicht richten, deutete Kömpel im Nachsatz an. Es ist nicht etwa der Ärger über die misslungene SPD-Promotion, die Frau Kömpel den „Klodeckel des Tages“ einbringt, sondern der offenbar tiefsitzende Glaube, die Presse müsse das Sprachrohr des Parteienapparates sein. Sinnbildlich für das Gebaren vieler Mandatsträger steht hier eine Abgeordnete, die es als persönlichen Affront betrachtet, wenn Journalisten sich ihr einmal nicht willfährig vor die Füße werfen. Schuld an diesem irrwitzigen Weltbild ist jedoch der Journalismus selbst, der Politik so gerne als Entertainment verkauft und den Protagonisten speichelleckend Bühnen aufstellt, die ihrer mittelmäßigen Bedeutung nicht annähernd gerecht werden.

Dass hier eine Politikerin ernsthaft darüber nachdenkt, wie sie eine unabhängige Tageszeitung beschädigen kann, weil diese die ihr zugedachte Rolle der politischen Hure nicht spielen will, sagt alles über eine Kaste, die längst mal kräftig durchgeschüttelt und wieder vom Kopf auf die Füße gestellt gehört. Immer häufiger erinnern unsere Mandatsträger an DSDS-Kandidaten, die trotz limitierter Fähigkeiten und nichtssagender Vita glauben, mit ein paar falschen Tönen zu Stars aufsteigen zu können. Statt für den Bürgerwillen und das Gemeinwohl scheinen sich die Politikemporkömmlinge vor allem für die maximale Eigenvermarktung und das Besetzen wichtigtuerischer Pöstchen zu interessieren. Finden sich unter den 631 Volksvertretern im Bundestag und deren 1860 Kollegen in den Landtagen doch einmal ein paar Rechtschaffene, rollt die Parteiräson wie ein Panzer über sie hinweg, um sie systemkonform zu machen. Frau Kömpel sollte einen Wechsel ins EU-Parlament erwägen. Dort wird sie von Lakaien im Frack bedient, die ihr den Kaffee mit weißen Handschuhen auf dem Silbertablett am Platz servieren. Sicher kommt dies ihrem Selbstverständnis als Abgeordnete näher als die Standhaftigkeit einiger ehrbarer Journalisten.

23. Februar 2014

Diät sieht anders aus: Selbstbedienung am üppigen Steuerbuffet

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Der „Klodeckel“ geht diesmal an die 464 Abgeordneten des Deutschen Bundestages, die sich am Freitag in namentlicher Abstimmung für die abermalige Anhebung der eigenen Bezüge aussprachen und dabei zugleich einen Automatismus für künftige Erhöhungen einbauten, der Bundestagsmitgliedern bald Jahresgehälter von 120.000 Euro und mehr bescheren wird. Es ist eine Farce, dass Parlamentarier die einzige Berufsgruppe bilden, die ihre Entlohnung selbst festlegt. Millionen unserer Steuergelder werden auf diese Weise unter einer kleinen gierigen Truppe aufgeteilt. Nur gelegentlich und geringfügig regt sich Widerspruch, der jedoch keinerlei Schlagkraft entfaltet und daher von den Selbstbedienern nur müde belächelt wird. Bereits in Vergessenheit geraten scheint auch, dass sich die Abgeordneten des Bundestages erst vor kurzem einen „fetten Schluck aus der Pulle“ gönnten. 2011 erhöhten sie sich nämlich in einer Nacht- und Nebelaktion ihre monatlichen Bezüge mal eben auf 7.960 Euro, um sie eineinhalb Jahre später auf 8.252 Euro steigen zu lassen. Mit dem nun verabschiedeten Gesetz sichern sich die Unersättlichen eine weitere fast zehnprozentige Steigerung innerhalb eines Jahres.

Zwar folgte der Bundestag mit seinem Votum der eigens gebildeten „Expertenkommission“, doch dürften wohl nur die naivsten Zeitgenossen davon ausgehen, dass hier ein unabhängiges Gremium die Vorarbeit zu einer politisch gewollten Entscheidung geleistet hat. Vergessen werden sollte auch keinesfalls, dass die 631 Bundestagsabgeordneten steuerlich wie Beamte behandelt werden und damit nur einen Bruchteil dessen entrichten müssen, was normale Arbeitnehmer mit vergleichbarem Gehalt leisten. So durfte sich 2013 ein verheirateter MdB mit zwei Kindern in Steuerklasse 3 über ein Jahreseinkommen von mehr als 73.000 Euro netto freuen. Für den Fall, dass dieser Abgeordnete keine Kirchensteuer zu entrichten hatte, lag der Gesamtanteil seiner Abzüge nicht einmal bei 25%, weil Parlamentarier keine Sozialabgaben leisten. In der nächsten Legislaturperiode wird dann aller Voraussicht nach erstmals in der deutschen Geschichte ein Platz im Bundestag mit einem Grundgehalt von mehr als 10.000 Euro brutto im Monat vergütet. Da läuft dem Nachwuchs in den Kaderschmieden der Parteien das Wasser im Mund zusammen. So viel lässt sich als ewiger Student nirgends verdienen.

Zwar hat der Bundestag zugleich auch die Regelungen für die Altersbezüge der Abgeordneten leicht verschärft, doch sind die Abschläge durch den Mehrverdienst schon lange vor dem Erreichen des Renteneintrittsalters überkompensiert und damit reine Augenwischerei. Zudem darf jeder Bundestagsabgeordnete zusätzlich mehr als 4.200 Euro monatlich steuerfrei dafür einstreichen, dass er ein Büro unterhält und ihm Kosten im Zusammenhang mit seinem Mandat entstehen könnten. Wer es geschickt anstellt, verfügt also schon heute über 10.000 Euro netto im Monat. Angesichts dieser Zahlen sollte irgendwann auch dem braven deutschen Michel einmal der Kamm schwellen. Die Diätenerhöhungen werden nämlich in diesem und im kommenden Jahr den Bundeshaushalt mit mehr als fünf Millionen Euro zusätzlich belasten, während allerorten Sparsamkeit verordnet wird. Es verwundert angesichts dieser Entwicklung schon, mit welchem Langmut immer weitere Zumutungen am eigenen Wohnort erduldet und sich nach wie vor kommunalpolitisch engagiert wird. Wir brauchen endlich einen Aufstand der Anständigen! Stoppen wir die Berliner Selbstbediener! Wir sind das Volk!

16. Juni 2013

Gassi gehen im Parlament: Hundeliebhaber auf Abwegen

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Was haben wir uns von unseren Bundestagsabgeordneten nicht schon alles zumuten lassen. Die Mitglieder unseres höchsten Parlaments, von denen viele längst in ihrer eigenen Welt zu leben scheinen, lösen immer wieder Wut, Enttäuschung und Kopfschütteln aus. Mal ist es die dreiste Erhöhung der eigenen Bezüge, die ohnehin mehr als großzügig bemessen sind, mal die weltfremde Sicht auf den Alltag des Normalbürgers und manchmal auch einfach nur die ungenierte Zurschaustellung bedenklicher Uninformiertheit bei wichtigen Entscheidungen wie dem Euro-Rettungswahn. Diesmal geht es um vergleichsweise wenig, doch der aktuelle Vorstoß einer Gruppe von 15 Abgeordneten ist deshalb nicht minder ärgerlich. Für den offiziellen Antrag an den Präsidenten des Bundestags, die Hausordnung so zu ändern, dass Abgeordnete ihren Hund mit in den Plenarsaal bringen dürfen, erhält Heinz Paula (SPD), Sprecher der ausschließlich aus Mitgliedern der SPD und der Grünen bestehenden Gruppe, den „Klodeckel des Tages“. Geradezu beschämend ist dessen Erklärung, man wolle damit die Bedeutung von Heimtieren im Arbeitsalltag fördern. Die abenteuerliche Begründung steht sinnbildlich für die von den Parteien der betroffenen Protagonisten betriebene Politik, jedes noch so unbedeutende Einzelinteresse staatstragend aufzuwerten, um egoistische Vorlieben auf Kosten anderer durchzusetzen. Ausgesprochen dreist ist auch die Behauptung der 15 Tierliebhaber, es sei „der Wunsch vieler Abgeordneter,…dass das Mitbringen von Hunden zulässig ist.“ Paulas SPD-Mitstreiterin Silvia Schmidt bemühte sich das unsinnige Ansinnen zu untermauern, indem sie tiefe Einblicke in ihr Seelenleben gewährte: „Mein Hund ist mein Freund. Er braucht meine Nähe, und ich brauche seine.“ Hört man derlei Sätze, sieht man Frau Schmidt an einem verregneten Herbsttag gemütlich mit Bello auf der Couch kuscheln, während „Vom Winde verweht“ läuft. Der Tisch ist stets für das liebe Tier mit gedeckt, und selbstverständlich teilen die beiden nicht nur den Tisch miteinander. So viel Liebe haut einen um. Das Kopfkino produziert allerdings noch ganz andere Bilder, die man sich lieber erspart hätte. Glücklicherweise ist davon auszugehen, dass der Vorstoß der Tiernarren keine Chance hat. Die ersten Reaktionen des hierüber befindenden Ältestenrates machen Mut. Eine Öffnung des Plenarsaals für die Vierbeiner einiger selbstsüchtiger Parlamentarier wäre auch ein Dammbruch. Man müsste nicht lange darauf warten, dass auch andere Haustierbesitzer die Freigabe für ihre Lieblinge einforderten. Vermutlich würden sie argumentieren, Katzen seien eine echte Bereicherung für die Streitkultur im Bundestag, umher fliegende Kanarienvögel könnten Friedenstauben symbolisieren und freilaufende Meerschweinchen ein glaubwürdiges Statement gegen Käfighaltung setzen. All das bleibt uns wohl erspart. Doch ein Schlupfloch bietet sich Heinz Paula und seinen Mitstreitern noch: Blindenhunde sind im Parlament erlaubt. Verblendet scheinen die Antragsteller ja zu sein, nun müssten sie nur noch dafür sorgen, auch zu erblinden. Ob sie zu solch drastischen Opfern für ihre vierbeinigen Lieblinge bereit sind? Zuzutrauen ist es ihnen.

Lesen Sie mehr dazu hier: „Bundestagsabgeordnete wollen Hunde mitbringen“ (RP ONLINE, 14.06.2013)

15. Juni 2009

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Zur öffentlichen Anhörung im Innenausschuss des Bundestages am Montag bekommen die rund 5.000 Lobbyisten in Berlin den Klodeckel des Tages für ihre zunehmende Einflussnahme auf die deutsche Politik. Zwar würde kein Politiker, dem sein Leben bzw. seine Karriere lieb ist, es offen aussprechen, doch hinter vorgehaltener Hand macht längst das Wort von der „gekauften Republik“ die Runde. Dass es nun zu einer öffentlichkeitswirksamen Anhörung unter dem Titel „Transparenz“ kommt, verdeutlicht, wie groß die Verzweiflung der Politik ist, die sich dem Lobbyismus in der wahrhaft naiven Hoffnung, wichtige Informationen für die politischen Entscheidungsprozesse ungefiltert aus erster Hand zu erhalten, ausgeliefert hat. Schon lange gibt es zwischen Interessen- und Volksvertretern keine Waffengleichheit mehr. Die Geister, die man rief, haben längst die Kontrolle über das politische Geschehen an sich gerissen – durch bezahlte „Wissenschaftler“, gekaufte Studien, geschmierte Politiker oder erpresste „Kompromisse“. Waren die APO in den 1960er, die RAF in den 1970er und die Stasi in den 1980er Jahren die größten Gefahren für die innenpolitische Stabilität Deutschlands, so ist es spätestens seit den 1990er Jahren der Lobbyismus. Um es klar zu sagen: Lobbyisten sind hochbezahlte Vertreter von Interessensgruppen, die aufgrund der intimen Kenntnis der zahlreichen Leichen in den Kellern der politisch Handelnden genug Druckmittel besitzen, um die Politik zu Entscheidungen zum Nachteil des Gemeinwohls zu zwingen. Wann endlich wird Lobbyismus unter Strafe gestellt? Er ist antidemokratisch, unsozial und in höchstem Maße gesellschaftsfeindlich!

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