Klodeckel des Tages

1. März 2015

Der verhinderte „Grexit“: Noch ein paar Runden Ouzo aufs Haus

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Heute geht der „Klodeckel“ an den griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis. Der von den deutschen Medien zur Stilikone verklärte angebliche Frauenschwarm, der ein bisschen an den berüchtigten Lord Voldemort aus der Harry-Potter-Saga erinnert, hat ein dunkles Kapitel in der Euro-Politik eingeläutet. Schwarze Magie braucht er dafür allerdings nicht, denn längst sind viele seiner europäischen Kontrahenten zu Komplizen geworden. Mit ihrer von Anfang an zum Scheitern verurteilten Euro-„Rettung“ hat sich Europas sogenannte politische Elite in eine Lage gebracht, in der sie selbst von den unbedeutendsten Mitläufern des Euro-Clubs erpressbar ist. Seit dem ersten „Rettungspaket“ sind fast 227 Mrd. Euro nach Griechenland geflossen, davon allein 195 Mrd. aus den Euro-Staaten. Deutschland ist mit mehr als 57 Mrd. dabei. Zwar handelt es sich vor allem um Kredite, doch lassen die jüngsten Äußerungen aus Griechenland nichts Gutes ahnen: Nach der Zustimmung des Bundestags zum dritten Hilfspaket teilte Varoufakis am Freitag mit, Griechenland werde eine im Sommer fällige Anleihe über 6,7 Mrd. Euro nicht zurückzahlen können. Am Verlust wäre Deutschland mit rund 2 Mrd. Euro beteiligt – rechnen Sie das mal in Straßensanierungen, Kindertagesstätten und Schwimmbadrenovierungen um.

Aber nicht nur mit Blick auf die mangelnde Solvenz seines Landes öffnete Varoufakis einer breiten Öffentlichkeit die Augen, sondern auch in Bezug auf das sich immer neu widerholende Brüsseler Schmierentheater. Nur wenige Tage nach der Einigung auf das drittes Hilfspaket hatte er ausgeplaudert, die mit der Euro-Gruppe als Bedingung vereinbarte Reformliste sei auf Wunsch einer Reihe von EU-Ländern absichtlich vage formuliert worden, weil eine Einigung auf konkrete Zahlen an dem Wissen gescheitert wäre, dass Griechenland diese niemals erfüllen werde. „Produktive Unschärfe“ nennt dies der griechische Lord Voldemort – man könnte es auch als Betrug am europäischen Steuerzahler bezeichnen, der sich einmal mehr von der Politik hintergangen fühlt. So dürfen wir uns bereits auf das vierte „Rettungspaket“ freuen, das spätestens im kommenden Sommer geschnürt werden muss. Bis dahin wird viel gutes Geld schlechtem hinterhergeworfen worden sein, ohne Aussicht, die griechische Euro-Totgeburt jemals wiederbeleben zu können. Immer noch fehlt der Politik der Mut, sich ihr Scheitern einzugestehen. Natürlich sind es vor allem geostrategische Überlegungen, die dem Festhalten an der missglückten Gemeinschaftswährung zugrundeliegen.

Doch das Argument der europäischen Einigung zieht längst nicht mehr. Inzwischen sollte jeder erkannt haben, dass das vielbeschworene „Friedensprojekt Euro“ sich längst gegen seine Begründer gewendet hat. Es hat in kürzester Zeit Armut in weite Teile Südeuropas gebracht, die Gesellschaften des Kontinents tief gespalten und Ressentiments zwischen den Völkern wiederbelebt, die längst überwunden schienen. Lediglich Frankreichs Regierung darf erleichtert aufatmen, dass die griechische Tragödie derzeit den Blick auf größeres Ungemach verstellt. Denn unsere Nachbarn stehen ebenfalls am Euro-Abgrund – und feiern einen Rechtsbruch nach dem anderen. Noch können sie sich darauf verlassen, dass die europäischen Finanzminister die Problematik kleinreden. Zu sehr fürchten diese sich davor, die mangelnde Euro-Tauglichkeit Frankreichs zuzugeben. Heimlich, still und leise hat die EU-Kommission Frankreich im lauten Getöse um Griechenland daher erlaubt, weiterhin gegen den Stabilitätspakt zu verstoßen, der ursprünglich einmal das „Grundgesetz“ des Euros war. Und auch Italien kann Im Euro nur überleben, weil es unter Mario Draghis Führung durch die EZB künstlich beatmet wird. Noch laufen die Herz-Lungen-Maschinen im Euro-Hospital. Klinisch tot sind die Patienten aber schon.

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13. April 2014

Das „Oma-Blatt“: Ein fingiertes Comeback mit bestelltem Jubel

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Der „Klodeckel des Tages“ geht – nicht zum ersten Mal – an die Vereinigte Deutsche Presse. In geradezu verstörender Eintracht schmetterten die großen deutschen Tageszeitungen ihren Lesern am Freitag eine regelrechte Jubelarie entgegen: „Anleger reißen sich um griechische Staatsanleihen“, schallte es von den Titelseiten sämtlicher Leitmedien. Dabei machten sich die Redaktionen nicht einmal die Mühe, die offenbar politisch eng begleitete Presseaktion mit eigenen Formulierungen zu verschleiern. Nahezu wortgleich wurden die seltsam vorbereitet klingenden Textbausteine zu Griechenlands Comeback an den Finanzmärkten abgedruckt. Das nach wie vor hoch verschuldete Land hatte sich am Donnerstag von Banken, Versicherungen und Hedge Fonds für fünf Jahre insgesamt drei Milliarden Euro zum üppigen Zinssatz von 4,75% geliehen. Regelrecht gefeiert wurde dabei der Umstand, dass die Rückkehr an den Kapitalmarkt nach nur vier Jahren beweise, wie sehr private Investoren dem Land wieder vertrauten. Griechenland, so der Tenor, könne bald vom Tropf der europäischen Steuerzahler genommen werden. Kaum hat man je etwas Lächerlicheres gelesen, als das, was uns die Redaktionen da im offensichtlichen politischen Auftrag auftischten.

Die erfolgreiche Transaktion soll zusammen mit dem bestellten Presserummel sechs Wochen vor der Europawahl für einen Stimmungsumschwung beim euroskeptischen Wahlvolk sorgen. Vor allem aber ist sie eine vom europäischen Steuerzahler finanzierte Imagekampagne der griechischen Regierung: „Seht her, die Rettungsmaßnahmen greifen“. Dass dies keinesfalls so ist, zeigt ein nüchterner Blick auf die Fakten: Die griechische Staatsverschuldung ist mit 177% heute um einiges höher als zu Beginn der Euro-„Rettung“ (auch, weil die Wirtschaftsleistung seit dem Ausbruch der Staatsschuldenkrise um mehr als ein Viertel geschrumpft ist), die Arbeitslosigkeit liegt bei schwindelerregenden 27% und die Banken knausern mit Krediten, die man aber dringend für eine Wiederbelebung bräuchte. Doch der 25. Mai rückt näher. Positive Meldungen müssen her, Wahrheiten können warten. Eine dieser Wahrheiten ist, dass die neue Anleihe Griechenland nicht hilft, sondern seine Schuldentragfähigkeit noch verschlechtert. Das Land könnte sich nämlich stattdessen zu einem guten Fünftel des Anleihezinses bei IWF und EU Geld besorgen, die ohnehin bereits ein Vielfaches der nun erzielten drei Milliarden Euro zugesagt haben. Die Show-Veranstaltung ist also nicht mehr als teurer ökonomischer Unfug.

Doch wie erklärt sich die Euphorie der Anleihekäufer? Die Antwort ist simpel: Anders, als in der Vergangenheit dürfen Investoren darauf vertrauen, dass die griechischen Staatsanleihen durch den Rettungsschirm und die Europäische Zentralbank (also Steuermittel) abgesichert werden. Ein Schuldenschnitt, wie er in der Vergangenheit schon einmal erfolgte, ist damit so gut wie ausgeschlossen. Der hohe Zinssatz steht daher in einem völligen Missverhältnis zum geringen Ausfallrisiko. Die Zinszahlungen übernehmen Europas Steuerzahler praktischerweise dabei gleich auch noch. Am Tag danach warfen viele Investoren die gerade erworbene Anleihe dennoch sofort wieder aus dem Depot, weil der Gewinn aus dem schnellen Weiterverkauf eben beruhigender ist, als das Warten auf die jährliche Zinsgutschrift. Vertrauen in die Erholung Griechenlands sieht wohl anders aus. Allerdings hat EZB-Präsident Draghi vor geraumer Zeit angekündigt, er wolle den Euro und die pleitebedrohten Staaten um jeden Preis verteidigen. Und so freuen sich die Hedge Fonds schon auf die nächste Ausgabe griechischer Anleihen. Schiefgehen kann für sie in diesem Spiel nichts. Beim Skat nennt man das „Oma-Blatt“…

28. April 2013

Der Abschied des Doktor „Ex“: Chatzi trägt Eulen nach Athen

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Man ist ja inzwischen bedauerlicherweise schon ziemlich abgehärtet, aber manchmal gibt es Nachrichten, bei denen einem doch noch der Mund offen steht. So geschehen am gestrigen Samstag, als der FDP-Europaparlamentarier Georgios Chatzimarkakis erklärte, Deutschland – und seine Partei – verlassen zu wollen, um im Sommer 2014 für ein griechisches Wahlbündnis in die nächste Europawahl zu ziehen. Offizieller Grund ist die Enttäuschung über den Kurs der deutschen Politik in der Eurokrise. Das bringt ihm schon heute den „Klodeckel des Tages“ ein. Nun ist es das gute Recht des Deutsch-Griechen, im zarten Alter von 47 Jahren seine späte Liebe zu einem Land zu entdecken, in dem er freilich weder geboren wurde, noch je gelebt hat. Doch glaubwürdiger macht es den Mann nicht, dem nach dem Entzug seines Doktortitels vor knapp zwei Jahren anschließend auch vom Kölner Verwaltungsgericht bescheinigt wurde, getäuscht zu haben. Aber Glaubwürdigkeit ist wohl auch nicht das Thema des Kaderpolitikers, den es nach dem Studium der Politikwissenschaft in die Abgeordnetenbüroräume drängte, die sich so oft als Sprungbrett in eines der zahllosen Parlamente erweisen. Da ist es für einen Berufspolitiker herzlich egal, welcher Fleischtopf sich hernach auftut, Hauptsache der große Löffel liegt bereit. Für Chatzimarkakis konnte es nicht besser laufen, wurde er 2004 doch in gerade jenes Parlament weg gewählt, in dem zwar Kompetenz die geringste Rolle spielt, aber am meisten zu verdienen ist: Satte € 11.450 pro Monat „Entschädigung“ und allgemeine Kostenvergütung, auf die lediglich die EU-Gemeinschaftssteuer zu entrichten ist. Am Ende bleibt ein monatlicher Nettoverdienst von rund € 9.800. Zu diesem gesellt sich die steuerfreie Kostenpauschale von € 268 für jeden einzelnen Tag, an dem der Abgeordnete einen Fuß auf den Boden der Brüsseler Behörde setzt. Da möchte man doch gerne verlängern! Und weil die Liste der politischen Freunde des guten Herrn Chatzimarkakis in den langen Jahren seiner FDP-Reise inzwischen arg zusammengeschmolzen ist, muss das Ticket zum Gelddrucken künftig woanders herkommen. Da ist es doch hilfreich, sich der zweiten Staatsbürgerschaft zu erinnern. Konsequent ist er, der selbsternannte Griechenland-Kenner. Seit den frühen Tagen der „Euro-Rettungsversuche“ ließ er keine Gelegenheit aus, sich als patriotischer Freund des Landes zu gerieren, das doch eigentlich schon immer seine wirkliche Heimat gewesen sei. Das Wetter ist ja auch besser dort und der Ouzo so bekömmlich. Und nebenbei ist ein Platz auf der Liste einer griechischen Partei allemal sicherer als das ungewisse Betteln um eine Verlängerung des Mandats in Deutschland. Zumal in der FDP, die er regelmäßig mit links-sozialen Forderungen aufschreckt. Höhepunkt seines Wirkens war der Vorschlag, die FDP möge mit den Grünen fusionieren, was ihm 2007 Hohn und Spott eintrug. Da passt es ins Bild, dass nun das Gerücht umgeht, Chatzimarkakis wolle sich der griechischen Demokratischen Linken anschließen. Da gehört er allemal hin. Der Saarländer galt seit jeher als Fremdkörper bei den Liberalen, was nicht weiter ins Gewicht fiel, so lange er sein Werk von Brüssel aus verrichtete. Immerhin war er aber auch lange Jahre Generalsekretär der FDP im Saarland, was schon mehr schmerzte. Nun also lassen wir „Jorgo“ gerne ziehen, auch aus der FDP. Wäre das nicht auch was für Sie, Frau Koch-Mehrin?

Lesen Sie hierzu auch: „Chatzimarkakis will nach Griechenland“ (RP ONLINE, 27.04.2013)

15. Januar 2012

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So wirklich einen Ruf zu verlieren haben sie nicht, die sogenannten Hedgefonds. Eher einen zu verteidigen, und zwar einen saumäßig schlechten. Und den haben sie nicht zu Unrecht. Heute erhalten sie den „Klodeckel des Tages“ für ihr Taktieren beim angestrebten Schuldenschnitt für Griechenland. Klopfte sich im vergangenen Herbst die hohe Politik noch gegenseitig auf die Schultern, weil sie der Finanzbranche einen Forderungsverzicht von 50% auf griechische Staatsanleihen abgerungen hatte, so ist längst klar, dass dies ein Scheingefecht war. Die von den Ratingagenturen per Androhung der Totalabstufung erzwungene Freiwilligkeit entpuppte sich schnell als Schlupfloch. So war bald offenkundig, dass die angestrebte Beteiligung des Finanzsektors bei weitem nicht erreicht würde. Das aber ist wesentliche Grundvoraussetzung für weitere Hilfen der EU und des IWF. Nun steht Griechenland vor dem Abgrund und das Sterben auf Raten könnte schon im März sein Ende finden. Dann nämlich, wenn es nicht gelingt, die üppige Schuldenentlastung von 100 Milliarden Euro zu erreichen, die Griechenland benötigt, um auslaufende Anleihen in Höhe von fast 15 Milliarden Euro zu refinanzieren. Während inzwischen ziemlich sicher ist, dass der ursprünglich angestrebte Schuldenschnitt von 50% nicht ausreicht, selbst wenn alle mitmachten, haben die meisten Hedgefonds signalisiert, dass sie sich dem Deal entziehen werden. Sie haben vielmehr in großem Maßstab entsprechende Kreditausfallversicherungen zu ihren Anleihen gekauft, da kann die Pleite gern kommen. Es konnten auch nur die Naivsten darauf gesetzt haben, dass gerade diejenigen, die auf die hellenische Insolvenz viel Geld gewettet haben, den Eintritt des gewinnbringenden Ereignisses verhindern helfen würden. Um die Staatspleite abzuwenden müssen also wieder mal die Steuerzahler in die Bresche springen, allen voran die deutschen. Doch auch das wird nicht viel helfen, denn Fachleute sind sich einig, dass selbst ein völliger Forderungsverzicht aller Gläubiger Griechenland nicht mehr aus der Schuldenklemme befreien kann.

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