Klodeckel des Tages

19. April 2015

Codename „Lobby Control“: Der lange Arm der Wahlkämpfer

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Wahlen sind ein gefundenes Fressen für alle, die Schmutzkampagnen lieben. Es gibt sie zuhauf in der aktiven Berufspolitik, die bedauernswerten Geschöpfe, die ihre Mitbewerber dadurch am Erfolg zu hindern versuchen, dass sie kurz vor dem Urnengang Diskreditierendes über diese in Umlauf bringen. Natürlich sind erfahrene Haudegen schlau genug, nicht selbst in Erscheinung zu treten, und wenn doch, dann höchstens per gemäßigtem Moralappell. Die Drecksarbeit überlassen sie ihren eher unbedeutenden Helfern außerhalb der Politik. Und diese wurden zur Wochenmitte einmal mehr aktiv, weil Bremen am 10. Mai eine neue Bürgerschaft wählt. Auch die FDP bemüht sich um die Bremer Wähler. Zwar ist derzeit völlig offen, ob die Liberalen den Parlamentseinzug schaffen, doch scheint sich mancher politische Gegner seiner Sache nicht so sicher. Immerhin tritt mit der aus der TV-Show „Höhle der Löwen“ bekannten Unternehmerin Lencke Steiner eine durchaus ernstzunehmende Spitzenkandidatin an. Dass diese als beruflich erfolgreiche Quereinsteigerin daherkommt, wurmt so manchen Kaderpolitiker wohl zusätzlich. Denn nicht wenige Abgeordnete blicken auf eine Vita zurück, die sie vom Studium direkt in Stiftungs- oder Abgeordnetenbüros und auf attraktive Listenplätze gespült hat.

Wirklich bewähren mussten sich viele von ihnen in einem wirtschaftlichen Arbeitsumfeld nie. Und nicht selten liest man auf den Abgeordneten-Webseiten von schier endlosen Universitäts-„Karrieren“, die hier und da auch einmal ohne jeglichen Abschluss endeten. Ohne die Hilfe ihrer Parteien wäre ein guter Teil wohl bei der Arbeitsagentur gelandet. Es ist daher grotesk, dass gerade aus diesen Reihen so gerne gegen jene geschossen wird, die sich unternehmerisch engagieren und anderen Menschen eine berufliche Perspektive bieten. So, wie Lencke Steiner. Als geschäftsführende Gesellschafterin eines Mittelständlers trägt sie überdies auch einen Teil des finanziellen Risikos ihres Unternehmens. Und sie engagiert sich ehrenamtlich. Seit 2012 ist sie Bundesvorsitzende des Verbands „Die jungen Unternehmer“. Dieser leistet, wie so viele Verbände, Lobbyarbeit. Verbände werden in der Regel zu diesem Zweck gegründet. Verwerflich oder gar ungesetzlich ist dies nicht. Problematisch kann es aber werden, wenn sie mächtig genug sind, politische Entscheidungen zu beeinflussen. Bei allem Respekt für deren Wirken darf man jedoch fragen, ob man den „Jungen Unternehmern“ so viel Einfluss attestieren möchte.

Timo Lange kümmert das nicht. Dem Vorstandsmitglied von „Lobby Control“ in Berlin genügt es, dass es den Verband gibt und Steiner diesem vorsteht. Er forderte die 29-Jährige per Handelsblatt auf, ihre Lobbyarbeit bis zum Wahltag ruhen zu lassen. Steiner konterte, sie habe im Wahlkampf ohnehin keine Zeit für Auftritte als Vorsitzende des Unternehmerverbands. Das war die passende Antwort für den plumpen Anwurf. Denn sicher käme die öko-sozial-affine „Lobby Control“ niemals auf die Idee, nach offensichtlichen Verquickungen grüner Politiker in unternehmerische Aktivitäten rund um die „Energiewende“ zu fragen oder gar Gewerkschaftler anzuhalten, ihr Amt niederzulegen, wenn diese zu Wahlen antreten. Stattdessen maßt sich die private Organisation an zu entscheiden, was guter Lobbyismus ist und was nicht. Warum aber eine Frau, die Menschen in Brot und Arbeit bringt, schlecht für eine Gesellschaft sein soll, während etwa die egoistischen Profiteure der „erneuerbaren Energien“ gut sind, wird auch Timo Lange nicht erklären können. Offenbar geht es also weniger um das Aufdecken echter Interessenskonflikte, sondern vor allem um das Untermauern bestimmter Weltanschauungen. Wer braucht eine Organisation, die sich als Hüter ihrer eigenen Moralvorstellungen versteht?

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31. August 2014

Bitte links aussteigen: Wenn liberal nicht sozialistisch genug ist

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Die FDP liegt am Boden. Zwar liegt zum Zeitpunkt des Erscheinens des heutigen Beitrags das Ergebnis der Landtagswahl in Sachsen noch nicht vor, doch deuten die Umfragen darauf hin, dass auch dort der Sturz in die politische Bedeutungslosigkeit droht. Und das, obwohl sich die Bilanz der letzten verbliebenen schwarz-gelben Koalition auf Landesebene durchaus sehen lassen kann und die Sachsen-FDP als Hochburg echter Liberaler gilt. Doch offenbar gibt es immer weniger Menschen in Deutschland, die der Meinung sind, dass die FDP noch gebraucht würde. Und auch immer mehr Mitglieder scheinen das so zu sehen. Vielen ist die FDP heutiger Prägung zu beliebig in ihren Positionen, nachdem die Parteiführung aus dem Scheitern bei der Bundestagswahl den fatalen Fehlschluss gezogen hatte, man müsse sich als liebenswerter Kümmerer sozialer Interessen neu erfinden. Dies ist nicht nur wenig authentisch, sondern macht die FDP als fünfte sozialdemokratische Kraft im etablierten Parteienspektrum in der Tat überflüssig. In weiter Ferne liegt das von Parteichef Christian Lindner formulierte Ziel, den vielbeschworenen Geist sozialliberaler Regierungen wiederauferstehen zu lassen. Und das ist gut so.

Lindners Linksdrall sorgt für gewaltige Unruhe in den Reihen der Liberalen und dürfte einer der Hauptgründe dafür sein, dass die FDP inzwischen bei nur noch 3% Zustimmung dümpelt. Umso mehr sorgte am Wochenende die Ankündigung ausgerechnet einiger FDP-Politiker des linken Flügels für Erstaunen, man werde in Kürze eine neue Partei gründen, weil der sozialliberale Lindner-Kurs nicht weit genug nach links führe. Der „Klodeckel des Tages“ ist den Initiatoren um den ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der Hamburger FDP, Najib Karim, damit sicher. Die Grundzüge ihres Parteiprogramms lesen sich wie ein linkes Manifest. Wortgewaltig werden die „Zwänge der neuen, anonymen und international agierenden Monopole“ gegeißelt und dazu aufgerufen, der „Perversion des Liberalismus“ etwas entgegenzusetzen. Man wolle nicht länger Teil einer FDP sein, der man unterstellt, sich als Lobbyist „speziell bürgerlicher Interessen“ zu definieren. Mit der Abgrenzung zum Bürgertum offenbaren die Aussteiger ihre Gesinnung – und lassen den ratlosen Beobachter mit der offenen Frage zurück, warum sie sich nicht lieber den kapitalismusfeindlichen Kollegen der Linkspartei oder der Piraten anschließen.

Vor mehr als 30 Jahren ist eine sozialistische FDP-Abspaltung schon einmal gescheitert. Die „Liberalen Demokraten“ vermochten niemals nennenswerten Zuspruch zu erlangen und es gibt wenig Grund anzunehmen, dass es diesmal anders sein wird. Wer sich nach den seligen Zeiten der 1970er Jahre zurücksehnt, als FDP und SPD ein kongeniales Regierungsduo bildeten, verkennt ohnehin die Besonderheit der politischen Rahmenbedingungen jener Ära. Angesichts des Ost-West-Konflikts, tiefer wirtschaftlicher Krisen mit erbitterten Arbeitskämpfen und eines schwierigen deutsch-deutschen Verhältnisses hatten damalige Liberale keinerlei Mühe, den Freiheitsbegriff mit Leben zu füllen. Zwar gibt es auch heute vielfältige Bedrohungen der persönlichen Freiheit, doch werden diese von der Mehrheit offenbar als weniger bedrohlich angesehen. Vielleicht hat sich der Liberalismus-Begriff in einer saturierten Demokratie einfach überlebt. Zumindest muss er neu definiert werden: Heute wird die Freiheit vor allem von der Politik selbst bedroht. Doch welcher Politiker würde schon dafür eintreten, dass die Bürger vor ihm geschützt werden?

29. Juni 2014

Die ramponierte Marke: Wenn der Name zur Last wird

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Der „Klodeckel des Tages“ ziert diesmal Marie-Agnes Strack-Zimmermann, stellvertretende Vorsitzende der FDP. Die Düsseldorfer Kommunalpolitikerin, die im vergangenen Dezember aus dem Nichts in den Bundesvorstand der verzweifelt um Erneuerung bemühten Liberalen aufstieg, schlug unter der Woche vor, die FDP möge sich zur Behebung ihres Imageproblems umbenennen. Zwar hat die ehemalige Düsseldorfer Bürgermeisterin recht in ihrer Analyse, dass die Marke FDP möglicherweise irreparabel beschädigt ist, doch erwies sie der Partei mit ihrem sicher gutgemeinten Vorschlag einen Bärendienst. Vor allem jene betätigten sich in den sozialen Netzwerken als Ideengeber, die sich schon lange die völlige Vernichtung der FDP wünschen. So waren „RIP“ (Rest In Peace) und „UPD“ (Unwichtigste Partei Deutschlands) noch harmlose Umbenennungsvorschläge. Auch von den eigenen Mitgliedern kam mehr Spott als Zustimmung, weil vor allem jene, die in Funktionen tätig sind, das Problem an ganz anderer Stelle verorten. Es liegt in der Beliebigkeit der Positionen, der Anbiederung an den Zeitgeist und der verpassten Chance, die Gängelung der Brüsseler Eurokratie mitsamt der unsäglichen Euro-Politik als schwerwiegenden Eingriff in die Bürgerrechte zu geißeln.

Nun ist Frau Strack-Zimmermann gewiss keine Dilettantin. Sie darf sich rühmen, bis Ende Mai Bürgermeisterin einer der wenigen schuldenfreien Städte in Deutschland gewesen zu sein, was für die Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens sicher ein ganz besonders schmückendes Etikett ist. Gerade deshalb ist es unerklärlich, wie eine so erfahrene Politikerin Millionen von FDP-Hassern eine derart ungeschickte Steilvorlage für deren Schmähungen liefern konnte. So hatte FDP-Chef Lindner alle Mühe, seine Verärgerung in freundliche Worte zu kleiden und den aufkommenden Shitstorm – auch aus den eigenen Reihen – in geordnete Bahnen zu lenken. Lindner war es, der Strack-Zimmermann seinerzeit erst den Weg in die Parteispitze geebnet hatte. Dies wohl auch, um zu verhindern, dass jene Kräfte Mitsprache im Bundespräsidium der Partei erhalten, die sich seit Jahren eine inhaltliche Neuausrichtung wünschen. Ob Zastrow, Schäffler oder Krahmer – die Kritiker der aktuellen Liberalala-Philosophie wurden abgestraft oder fortgejagt. Doch all das kann nicht verhindern, dass es an der Basis immer heftiger rumort. Gerade die kommunal aktiven Mitglieder wünschen sich „ihre FDP“ zurück und fordern die Schärfung des liberalen Profils auch gegen den medialen Mainstream.

Was dabei sicher nicht weiterhilft, ist eine Umbenennung. Die FDP sollte vielmehr die Chance der aktuellen bundesweiten Bedeutungslosigkeit dazu nutzen, sich inhaltlich klar aufzustellen. Es ist absehbar, dass sie bis zur Bundestagswahl aus den meisten Landtagen verschwunden sein wird. So wird sie künftig vor allem als kommunalpolitische Kraft wahrgenommen werden, was enormes Potential bietet, sich durch Politik mit gesundem Menschenverstand und das Eintreten für ein bezahlbares Gemeinwesen wieder eine Daseinsberechtigung auch auf den übergeordneten Ebenen zu erarbeiten. Der FDP könnte dabei die Position als Anwältin des Bürgertums gegen einen sozialistischen Zeitgeist zukommen, die sich dafür einsetzt, dass der Staat den Menschen gehört, die in ihm leben – nicht umgekehrt. Vor allem könnte die FDP ein Alleinstellungsmerkmal dadurch erlangen, dass sie die strukturellen Defizite einer immer weiter verwässerten Demokratie in unserem Land aufzeigt und Lösungsvorschläge macht. Die Hinterfragung des Berufspolitikertums, das Beschneiden der Parteienmacht und die direktere Beteiligung der Bürger an den politischen Entscheidungen bieten reichlich Potential für einen Schulterschluss mit einem Wahlvolk, das sich immer stärker vom Parteienstaat abwendet.

26. Januar 2014

Der Schandfleck: Deutschlands Chef-Genetiker spricht Klartext

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Oft habe ich die Partei der Grünen an dieser Stelle schon dafür gescholten, dass sie uns Bürger bevormunden und erziehen will. Die grüne Ideologie war immer schon aufdringlich, intolerant und schädlich für das Gemeinwohl. Doch sie ist noch mehr: Sie ist vor allem richtig gefährlich, weil sie radikalen Gesinnungen ein Zuhause bietet. Klar wird dies am Vokabular ihres obersten Vertreters Cem Özdemir, der gerne mal sprachliche Anleihen bei jenen Demagogen nimmt, die Europa im vergangenen Jahrhundert ins Verderben gestürzt haben. Zwar war sein jüngster Ausfall verhältnismäßig milde, doch wurde auch dabei wieder deutlich, dass die Vernichtung politischer Alternativen auf der Agenda des Spitzen-Grünen offensichtlich ziemlich weit oben steht. Beim Landesparteitag der sächsischen Parteifreunde in Leipzig hatte Özdemir wörtlich gesagt: „Die FDP braucht niemand, wenn es darum geht, Freiheitsrechte, Bürgerrechte, Autonomie und Emanzipation zu vertreten. Und schließlich wollen wir dafür sorgen, dass dieser Schandfleck FDP verschwindet.“ Zwei Sätze, die an Klarheit nichts zu wünschen übrig ließen.

Noch deutlicher war Özdemir im April 2010 geworden, als er sich zu einem Ausflug in die Genetik verstieg. Damals ließ uns der gelernte Erzieher bereits wissen, es gebe genetische Unterschiede zwischen der FDP und seinen Grünen. Offenbar hält er es für eine Frage des Erbgutes, ob man sich in seinem politischen Weltbild der Herrenrasse der Grünen oder der minderwertigen FDP anschließt. Da ist es nicht mehr weit bis zur Forderung, die genetische Entartung gehöre ausgemerzt. Insofern schließt sich mit Özdemirs Auftritt in Leipzig der Kreis seines Gesinnungsbekenntnisses. Doch der mediale Aufschrei blieb damals wie heute aus, was angesichts einer links-grün-affinen Presse nicht verwundert. Und wer die Veitstänze und Jubelorgien der Grünen in jenem Moment live im Fernsehen miterlebt hat, als gewiss wurde, dass die FDP dem Deutschen Bundestag nicht mehr angehören werde, hat eine Ahnung davon bekommen, wie tief der Hass der Gesinnungspolizisten auf den blau-gelben Feind sitzt. Der Wunsch nach Herrschaft und Unterdrückung verträgt sich eben nicht mit dem Bekenntnis zu Freiheit und Selbstbestimmung.

Den „Klodeckel“ erhält Özdemir jedoch nicht nur für die aufgekommenen Zweifel an seiner demokratischen Grundhaltung, sondern für seinen kläglichen Versuch, sich reinzuwaschen. Als halte er den Rest der Welt für dumm genug, ihm dies abzukaufen, gelobte er am Folgetag, er habe nicht die FDP, sondern die NPD gemeint. Statt einer ernstzunehmenden Entschuldigung oder gar persönlicher Konsequenzen, wie er sie von anderen stets fordert, flüchtete sich der Grünen-Chef in eine Ausrede, die derart schlecht war, dass man nicht nur ihn, sondern gleich auch noch seine Medienberater feuern müsste. Da wäre es glaubhafter gewesen, er hätte sich damit herausgeredet, die Bezeichnung „Schandfleck“ gelte im Türkischen als Kompliment. Wie schon beim üblen Genetik-Fehlgriff ist auch diesmal niemand im Saal empört aufgesprungen. Da liegt der Verdacht nahe, dass nicht nur der Chef selbst, sondern auch seine Anhänger die Wortwahl sehr passend fanden. Vehement haben sich die Grünen im Bundestags-Wahlkampf gegen das Attribut der Öko-Faschisten verwahrt. Und sie haben recht: „Öko“ passt tatsächlich schon lange nicht mehr…

24. November 2013

Gründlich verrechnet: Wenn die Naturwissenschaft irrt

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Der „Klodeckel des Tages“ geht diesmal an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Diese muss in den sich quälend lang hinziehenden Koalitionsverhandlungen mit ansehen, wie die Union durch das Fehlen echter Bündnisalternativen immer erpressbarer wird. Der Rausch der beinahe errungenen absoluten Mehrheit ist längst dem Kater über einen offensichtlichen Pyrrhussieg gewichen. Die SPD-Linke kann eine Forderung nach der anderen durchsetzen, weil sie weiß, dass Merkel Neuwahlen mindestens so sehr fürchtet wie die Genossen selbst. Und da eine schwarz-grüne Koalition gottlob niemand ernsthaft will, ist die Kanzlerin der SPD auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Mancher hatte bereits kurz nach dem Wahltag prognostiziert, dass Merkel, auf dem Zenit ihrer politischen Macht angekommen, schweren Zeiten entgegen sehe. Zu leicht hatte sie es einerseits mit einer leblosen FDP in der vergangenen Legislaturperiode. Zu limitiert stellen sich für Merkels Union aber andererseits die Optionen ohne eine FDP im Bundestag dar. So dürfte die Kanzlerin ihre unterlassene Hilfeleistung für den siechenden Ex-Koalitionspartner inzwischen mehr als einmal bereut haben.

Die kühle Naturwissenschaftlerin Merkel, der nachgesagt wird, sie mache wenige strategische Fehler, hat sich diesmal gründlich verkalkuliert. Ihr bleibt nun nur noch, Position um Position zugunsten der SPD zu räumen, um zumindest ihre Kanzlerschaft zu retten. Ohnehin scheint dies ihr vorrangiges Ziel. Gestalten ist ihre Sache nicht. So rechnen Beobachter bereits vor, dass sich Gabriel & Co. in den Koalitionsverhandlungen in der Mehrzahl der Arbeitsgruppen durchgesetzt haben. Vor allem bei den Themen Mindestlohn, doppelte Staatsbürgerschaft und Zuschussrente dürften am Ende die SPD-Forderungen im Koalitionsvertrag stehen. Aber auch bei der von der CDU mitgetragenen Frauenquote, die nun deutlich früher festgeschrieben werden soll, und der Finanztransaktionssteuer, bei der man nicht mehr auf den Rest Europas warten wird, setzte sich die SPD durch. Die Republik rückt nach links, was angesichts des Zeitgeistes einer zunehmend ausufernden Staatgläubigkeit wohl niemanden überrascht. Denn wo immer mehr Menschen direkt oder indirekt von staatlichen Leistungen profitieren, finden sich naturgemäß immer weniger Befürworter von Eigenverantwortung und Unabhängigkeit.

Und doch bleibt festzuhalten, dass das bürgerliche Lager bei der jüngsten Bundestagswahl insgesamt die klare Stimmenmehrheit errungen hat. Gleichwohl ist durch die Abstinenz zweier Parteien, die knapp an der 5%-Hürde gescheitert sind, die groteske Situation entstanden, dass der haushohe Wahlsieger im neuen Bundestag einer linken Mehrheit gegenübersteht. Und so kann sich die SPD – anders als noch vor acht Jahren – dieses Mal voller Zuversicht in das Abenteuer Große Koalition stürzen. Merkel wird trotz der Unterstützung der stärksten Unionsfraktion seit über zwei Jahrzehnten ihren Partner nicht noch einmal kleinregieren, wie sie dies seit 2005 gewohnt war. Diesmal wird sie aus der Großen Koalition als Verliererin hervorgehen, wenn sie überhaupt bis 2017 durchhält. Es wäre spannend zu sehen, wie sich die Verhältnisse nach einer Neuwahl sortieren würden, die es vor allem aus einem Grund nicht geben wird: Nichts fürchtet die politische Elite gerade im Jahr der Europawahl mehr als den Bundestagseinzug der AfD. Für die CDU wäre dies jedoch die Chance, die eigene Partei wieder im konservativen Spektrum zu verankern. Denn es gibt auch eine Zeit nach Angela Merkel…

28. April 2013

Der Abschied des Doktor „Ex“: Chatzi trägt Eulen nach Athen

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Man ist ja inzwischen bedauerlicherweise schon ziemlich abgehärtet, aber manchmal gibt es Nachrichten, bei denen einem doch noch der Mund offen steht. So geschehen am gestrigen Samstag, als der FDP-Europaparlamentarier Georgios Chatzimarkakis erklärte, Deutschland – und seine Partei – verlassen zu wollen, um im Sommer 2014 für ein griechisches Wahlbündnis in die nächste Europawahl zu ziehen. Offizieller Grund ist die Enttäuschung über den Kurs der deutschen Politik in der Eurokrise. Das bringt ihm schon heute den „Klodeckel des Tages“ ein. Nun ist es das gute Recht des Deutsch-Griechen, im zarten Alter von 47 Jahren seine späte Liebe zu einem Land zu entdecken, in dem er freilich weder geboren wurde, noch je gelebt hat. Doch glaubwürdiger macht es den Mann nicht, dem nach dem Entzug seines Doktortitels vor knapp zwei Jahren anschließend auch vom Kölner Verwaltungsgericht bescheinigt wurde, getäuscht zu haben. Aber Glaubwürdigkeit ist wohl auch nicht das Thema des Kaderpolitikers, den es nach dem Studium der Politikwissenschaft in die Abgeordnetenbüroräume drängte, die sich so oft als Sprungbrett in eines der zahllosen Parlamente erweisen. Da ist es für einen Berufspolitiker herzlich egal, welcher Fleischtopf sich hernach auftut, Hauptsache der große Löffel liegt bereit. Für Chatzimarkakis konnte es nicht besser laufen, wurde er 2004 doch in gerade jenes Parlament weg gewählt, in dem zwar Kompetenz die geringste Rolle spielt, aber am meisten zu verdienen ist: Satte € 11.450 pro Monat „Entschädigung“ und allgemeine Kostenvergütung, auf die lediglich die EU-Gemeinschaftssteuer zu entrichten ist. Am Ende bleibt ein monatlicher Nettoverdienst von rund € 9.800. Zu diesem gesellt sich die steuerfreie Kostenpauschale von € 268 für jeden einzelnen Tag, an dem der Abgeordnete einen Fuß auf den Boden der Brüsseler Behörde setzt. Da möchte man doch gerne verlängern! Und weil die Liste der politischen Freunde des guten Herrn Chatzimarkakis in den langen Jahren seiner FDP-Reise inzwischen arg zusammengeschmolzen ist, muss das Ticket zum Gelddrucken künftig woanders herkommen. Da ist es doch hilfreich, sich der zweiten Staatsbürgerschaft zu erinnern. Konsequent ist er, der selbsternannte Griechenland-Kenner. Seit den frühen Tagen der „Euro-Rettungsversuche“ ließ er keine Gelegenheit aus, sich als patriotischer Freund des Landes zu gerieren, das doch eigentlich schon immer seine wirkliche Heimat gewesen sei. Das Wetter ist ja auch besser dort und der Ouzo so bekömmlich. Und nebenbei ist ein Platz auf der Liste einer griechischen Partei allemal sicherer als das ungewisse Betteln um eine Verlängerung des Mandats in Deutschland. Zumal in der FDP, die er regelmäßig mit links-sozialen Forderungen aufschreckt. Höhepunkt seines Wirkens war der Vorschlag, die FDP möge mit den Grünen fusionieren, was ihm 2007 Hohn und Spott eintrug. Da passt es ins Bild, dass nun das Gerücht umgeht, Chatzimarkakis wolle sich der griechischen Demokratischen Linken anschließen. Da gehört er allemal hin. Der Saarländer galt seit jeher als Fremdkörper bei den Liberalen, was nicht weiter ins Gewicht fiel, so lange er sein Werk von Brüssel aus verrichtete. Immerhin war er aber auch lange Jahre Generalsekretär der FDP im Saarland, was schon mehr schmerzte. Nun also lassen wir „Jorgo“ gerne ziehen, auch aus der FDP. Wäre das nicht auch was für Sie, Frau Koch-Mehrin?

Lesen Sie hierzu auch: „Chatzimarkakis will nach Griechenland“ (RP ONLINE, 27.04.2013)

27. Januar 2013

Der sinkende „Stern“: Des Menschen Wille ist sein Himmelreich

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Widerlicher Gossen-Journalismus begleitete uns durch diese Woche. Im Mittelpunkt der Kritik stand dabei die unbekannte „Stern“-Reporterin Laura Himmelreich, die wohl hoffte, mit der Inszenierung eines Skandals für einen Moment aus ihrer Bedeutungslosigkeit hervortreten zu können. Für ihre durchsichtige und allzu plump aufgeführte Schmierenkomödie erhält sie den „Klodeckel des Tages“. Viel lieber hätte die scheinbar von tief sitzendem ideologischen Groll auf politisch Andersdenkende zerfressene Schreibkraft den frisch gekürten Spitzenkandidaten der FDP für die Bundestagswahl, Rainer Brüderle, auf der Anklagebank gesehen, um ihrem wieder erstarkten Feindbild FDP und dessen Protagonisten so richtig einen mitzugeben. Das ging mächtig nach hinten los. Der „Stern“ war es übrigens auch, der gerade einmal vor zwei Monaten mit einer grottenschlecht recherchierten und im Anschluss von höchster Stelle der Bundestagsverwaltung zurückgewiesenen Geschichte versucht hatte, der FDP einen Verstoß gegen das Parteiengesetz anzudichten. Kleinlaut musste sich das Magazin seinerzeit den Fakten beugen und hat hoffentlich die zuständigen Journalisten intern dazu verdonnert, ein paar Vorlesungsstunden BWL zu besuchen, um von einfachsten Bilanzierungsvorschriften zumindest einmal gehört zu haben. Das könnte bei künftigen Wirtschaftsartikeln so manche Peinlichkeit ersparen. Aber zurück zu Frau Himmelreich. Diese ließ keine Zeit verstreichen, um unmittelbar nach der Kür Rainer Brüderles zum Spitzenmann für die Bundestagswahl mit einer Story an die Öffentlichkeit zu gehen, die sich vor einem Jahr abgespielt haben soll. Dabei geht es um eine angebliche Belästigung durch Herrn Brüderle bei einem lockeren inoffiziellen Plausch an einer Hotelbar. Eine zotige Bemerkung hat sie aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht, doch Frau Himmelreich hat es offenbar geschafft, im vergangenen Jahr irgendwie mit dem für sie vermeintlich so traumatischen Erlebnis klarzukommen. Umso unverständlicher war, dass sie damit nun an die Öffentlichkeit drängte. Die nachgereichte Begründung war von erschreckender Klarheit: Sie habe es jetzt getan, weil Rainer Brüderle vor einem Jahr nicht bedeutend genug gewesen sei, gab sie sinngemäß im Deutschlandfunk zu Protokoll. Welches Berufsverständnis liegt dem Wunsch zugrunde, missliebige Politiker in dem Moment zu kompromittieren, in dem man hofft, ihnen den größten Schaden zufügen zu können? Wie tief ist der „Stern“ schon gesunken? Es ist ein offenes Geheimnis, dass viele Journalisten über nahezu jede in der Öffentlichkeit stehende Person Dinge in der Schublade haben, die in der Regel auch dort bleiben. So ist das ungeschriebene Gesetz der Branche. Man kann das gut finden, oder nicht. Fakt ist: Der „Fall Himmelreich“ ist in seiner Heimtücke ein echter Tabubruch und steht exemplarisch für eine Presse, die sich mit der zunehmenden Hinwendung zum Boulevard verzweifelt erodierenden Auflagen und einem schleichenden Bedeutungsverlust entgegenzustellen versucht. Auflage geht oft vor Anstand und Quote vor Qualität. Sieht so der „öffentliche Auftrag“ der Presse aus?

Lesen Sie hierzu auch: Wie viel Herrenwitz darf sein? (RP ONLINE, 25.01.2013)

30. Dezember 2012

Der antiliberale Zeitgeist: Prantl und die Wasserpest

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Den letzten „Klodeckel“ in 2012 sichert sich Heribert Prantl. Nach einem Jahr, in dem sich das Gros der Journaille gegenseitig darin zu übertreffen versuchte, den Liberalismus zu geißeln, steht der Schreiberling von der Süddeutschen Zeitung stellvertretend für eine Zunft, die einst die liberalen Fahnen gar nicht hoch genug halten konnte. Die überwiegende Mehrheit dieser ehemals freiheitlich und liberal denkenden Journalisten biegt heute scharf links ab. Verbittert und enttäuscht von den Auswüchsen der Globalisierung ist es für diese neuen Linken schick, in immer bösartigeren Pamphleten jeden Ansatz liberalen Denkens beleidigt zu verteufeln. Sie halten Eigenverantwortung für eine Zumutung und fordern, dass der Staat seinen Bürgern immer mehr Lebensrisiken abnehmen möge. Dafür nehmen sie in Kauf, dass die Menschen zunehmend unmündiger und die Demokratie immer abstrakter wird. Welch schrille Logik, Ihr Genossen! Prantl ist der Prototyp jenes Journalisten, der fast nur noch mit FDP-Bashing auffällt, in einem Maße, das längst unappetitlich wirkt. So war er einer der ersten, die mit scharfer Zunge und verunglimpfenden Formulierungen vor einigen Tagen ein Positionspapier zerriss, in dem Bundeswirtschaftsminister Rösler sich klar zu weniger staatlicher Beteilung an Wirtschaftsunternehmen und mehr marktwirtschaftlichem Wettbewerb bekannte. Dabei ist die Motivation des FDP-Ministers lobenswert und sollte nirgendwo auf Widerspruch stoßen: Er fordert, über den Verkauf von Beteiligungen die horrenden jährlichen Neuverschuldungen schneller als geplant auf Null zu bringen, damit künftigen Generationen nicht immer höhere Schuldenberge vererbt werden. Doch das Schuldenmachen fanden die Sozis ja schon immer gut. Und Ideologen wie Prantl sind es, die aus ihrer veröffentlichten Meinung versuchen, die öffentliche Meinung zu machen, indem sie ritualartig jede Stimme der Vernunft in Grund und Boden schreiben. Natürlich muss Röslers Gedankenpapier mit dem Machbaren abgeglichen werden, natürlich werden sich Ideen darin finden, die schon aus formalen Gründen nicht umsetzbar sind. Und dennoch zeigt er damit einen sinnvollen Weg auf, mit dem die Politik ihr Konsolidierungsversprechen vielleicht doch einmal einlösen könnte. Dass dem Bund ehemals staatliche Einrichtungen auch nach Jahrzehnten der Privatisierung noch mehrheitlich oder vollständig gehören, führt – wie das Beispiel Deutsche Bahn anschaulich zeigt – weder zu stabilen Preisen, noch zu befriedigender Qualität. Doch Prantl geht es offenbar auch gar nicht um Versorgungssicherheit und Preisstabilität. Er nutzt Röslers Papier lediglich als Aufhänger für seine niederträchtigen Verbalattacken auf jede Form freiheitlichen Denkens. Er vergleicht den Liberalismus mit der Wasserpest, einer Schädlingspflanze, die sich seiner Ansicht nach ausbreitet „wie der Teufel“. Und er setzt Liberalismus gleich mit Marktradikalismus. Mit dieser absurden Umdeutung von Begrifflichkeiten ist es den politischen Kommentatoren des linken Lagers in diesem Jahr gelungen, die FDP bei 5% zu halten, manchmal auch darunter. Dass sie nicht mehr hinbekommen haben, zeigt, wie widerstandsfähig der Liberalismus ist und wie dringend eine Vertretung gebraucht wird, die der Freiheit des Einzelnen in dem großen intoleranten Chor der Rufer nach mehr Gängelung und Gleichmacherei auch künftig eine kraftvolle Stimme verleiht.

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